Fohlen richtig füttern - Aufzuchtbedingte Skelettschäden vermeiden

Jil Becks mit rosa Jacke im Stall mit ihrem braunen Fohlen
Jil-Marielle-Becks mit selbstgezogenem Stutfohlen von Background x Damon Hill; Bildquelle: Stefan Lafrentz

Früher war keineswegs alles besser. Ergaben Studien zur Häufigkeit von Gelenkserkrankungen an Absetzern bis zum Dreijährigen bei rund 90% der Pferde in den 90er-Jahren bis in die erste Dekade dieses Jahrhunderts pathologische Gelenksveränderungen (Hufrolle, OCD, Chips), so hat sich dies in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert. Es gibt ihn wieder, den einwandfreien "TÜV" bei weit mehr als 10% der Jungpferde. Dafür tritt zunehmend ein neues Phänomen auf: Knochenzysten. Was ist passiert?

Fütterung von Mutterstute und Fohlen

Fakt ist, seit Ende der 90er-Jahre wurde der Fütterung von Mutterstute und Fohlen deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die Versorgung mit Mineralstoffen hat sich dramatisch verbessert, die Bewegung der Jungpferde ebenfalls, es wird auf genetische Dispositionen geachtet. Aber es ist längst (noch) nicht alles perfekt. All die Träume und Erwartungen, die Hand in Hand mit wichtigen Entscheidungen einhergehen, machen die Zucht nach wie vor zu einem spannenden Weg.

Wir wollen Ihnen die grundlegenden, wichtigen Aspekte der Ernährung mit auf diesen Weg geben. Denn neben der Auswahl der Genetik ist der wichtigste Aspekt in der Zucht die Fütterung der Stute und des Fohlens. Mit der Fütterung der Stute entscheiden Sie über deren Gesundheit, deren Reproduktionsleistung und über deren Milchmenge und -qualität. Mit der Fütterung des Fohlens entscheiden Sie über dessen Gesundheit, dessen Wachstum und dessen Skelettentwicklung. Der Weg eines Topathleten beginnt bereits im Mutterleib!

Eine Stute im letzten Trächtigkeitsdrittel bei oftmals witterungsbedingt reiner Stallhaltung ausreichend mit Nährstoffen und qualitativ hochwertigem Eiweiß in ausreichender Menge zu füttern, ist gar nicht so einfach. Wenn dann auch noch das kleine Fohlen da ist und der Nährstoff- und Eiweißbedarf der laktierenden Stute ins Astronomische steigen, kommt so manch ein Züchter ins Schwitzen. Setzt dann später die Weidesaison ein und der Bedarf an Eiweiß der laktierenden Mutterstute wird ausreichend durch das frische Gras gedeckt – das Fohlen hat schon begonnen, Gras und Hafer zu mümmeln – dann muss man evtl. das Fohlen wiederum vor Überversorgung schützen, denn gerade bei den Fohlen "hilft viel eben nicht immer viel".

Das Wachstum im Mutterleib – worüber reden wir hier im Detail?

Am Besten begleiten wir einmal den Lebensweg unseres Topathleten – und der beginnt im Mutterleib. Nach reiflicher Überlegung hat ein Züchter seine Warmblutstute angepaart, und nach etwas mehr als 6 Monaten wiegt unser zukünftiger Superstar im Mutterleib 7,5 kg. Das ist nicht viel. Zwei Monate später sind es zwar schon rund 13 kg, aber das ist auch noch nicht viel. Doch danach, in den letzten 100 Tagen der Trächtigkeit, setzt unser ungeborenes Fohlen sage und schreibe rund 40 kg Körpermasse an, um mit einem durchschnittlichen Geburtsgewicht von stattlichen 54 kg gesund und vital zur Welt zu kommen.

Alterseinteilung und Durchschnittsgewichte von Pferdeföten

Alter (Tage) Gewicht (kg)
2057,5
23612,9
27429,0
30131,5
33354,1

(nach H. Meyer, 1976)

 

Entsprechend dem enormen Körperansatz des Fötus nach dem 200. Trächtigkeitstag muss – spätestens im letzten Trächtigkeitsdrittel – die Fütterung der Zuchtstute in Bezug auf Energiegehalt, aber insbesondere auch auf die Eiweißversorgung (d.h. Eiweißmenge, wie insbesondere auch -qualität!), die ausreichende Zufuhr an Mineralstoffen (Mengen- und Spurenelementen) überdacht werden. Faustregel hierfür ist das Anheben des Energiegehaltes auf etwa das 1,35-fache und des Eiweißangebotes auf das 1,75-fache, des Mineralstoff- und Spurenelementangebotes (hier in erster Linie Kupfer!) auf das 1,5-fache des Erhaltungsbedarfes. Dabei steigen Energie- und Eiweißbedarf mit der Laktation nochmals gewaltig an.

Eine Unterversorgung mit Calcium (50% des Bedarfes) führt bspw. zu um 15% verringerten Geburtsgewichten und zu Störungen der Skelettentwicklung. Letztere treten auch bei mangelhafter Versorgung mit Spurenelementen (insbesondere Kupfer!) auf. Um zu vermeiden, dass Fohlen bereits mit irreversiblen Skeletterkrankungen auf die Welt kommen, ist deshalb größte Sorgfalt in der Rationsgestaltung der Mutterstute ein Muss. Zu beachten ist auch eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen, da neugeborene Fohlen über keinerlei Reserven an Vitaminen, insbesondere Vitamin A und Vitamin E, verfügen.

Das wachsende Fohlen – wie geht es weiter?

Die sehr hohe Wachstumsrate des Fötus im letzten Drittel der Trächtigkeit beschleunigt sich nach der Geburt sogar noch. Pro Tag nimmt ein Fohlen, das später 600 kg Körpergewicht erreichen wird, im ersten Lebensmonat sage und schreibe rund 1580 g pro Tag zu. Bereits zwei Monate nach der Geburt haben Fohlen ihr Geburtsgewicht fast verdreifacht.

Mit einem Jahr hat unser Fohlen rund 47 % des späteren Endgewichtes und rund 75 bis 80 % der zu erwartenden Widerristhöhe (ausgewachsen) erreicht. Tägliche Zunahmen von rund 1580 g im ersten Monat, 1242 g nach dem 60. Tag und 850 g mit einem halben Jahr zeigen eindrucksvoll, dass unzureichende Nährstoffversorgung in diesem Zeitraum verheerende Auswirkungen auf die Gesamtentwicklung und damit auch auf die Skelettgesundheit haben muss.

Um ausreichend Milch für ungestörtes Wachstum ihres Fohlens bilden zu können, steigt der Nährstoffbedarf der Mutterstute nach der Geburt gewaltig an. Auch wenn gutes Heu die Grundlage der Fütterung bleibt, muss dem in der Laktation extrem hohen Energie- und Eiweißbedarf der Mutterstute über ausreichende Mengen an dafür geeignetem Krippenfutter entsprochen werden. Heu und Hafer allein reichen dabei nicht mehr aus, um die Nährstoffabgabe (Eiweiß, Energie, Mengen- und Spurenelemente) über die Milch zu decken. Für diesen Zeitraum ist ein qualitativ hochwertiges Zuchtfutter bzw. Ergänzungsfuttermittel für Zuchtstuten gefordert, das die ausreichende Versorgung mit essentiellen Aminosäuren, Fettsäuren, Vitaminen, Mineralien und auch Spurenelementen sichert. Ein Mangel an essentiellen Aminosäuren (insbesondere Lysin und Methionin) beispielsweise würde die Stute zwingen ihre eigenen Körperreserven anzugreifen.

Nach einem halben Jahr verlangsamt sich das Wachstum des Fohlens etwas, dennoch ist es immer noch bemerkenswert hoch. Bis zum Ende des ersten Lebensjahres haben Fohlen rund 92 % ihrer zu erwartenden Widerristhöhe (ausgewachsen) erreicht und – je nach Aufzuchtbedingungen – bereits rund 67 % des zu erwartenden Endgewichtes. Zwischen dem sechsten Monat und seinem ersten Geburtstag setzt ein Warmblutfohlen mit einem Endgewicht ausgewachsen von 600 kg rund 120 bis 130 kg Körpermasse an. Da ist die Muttermilch in der Regel aber schon versiegt, das Fohlen wird in diesem Zeitraum abgesetzt.

Das Absetzen – eine der kritischsten Phasen im Leben eines Pferdes!

Einmal schon, da die Trennung von der Mutter notgedrungen enormen Stress bereitet, was eindrucksvoll durch die Tatsache bestätigt wird, dass rund 90% der Kopper diese Stereotypie in Zusammenhang mit dem Absetzen entwickelt haben. Zudem ist unschwer nachvollziehbar, dass Absetzer, die zu einem Zeitpunkt abgesetzt werden, an dem sie selbst noch nicht ausreichend Futter aufnehmen, notgedrungen einen massiven Entwicklungseinbruch erleiden müssen und damit verbunden mögliche entwicklungsbedingte Erkrankungen entstehen. Bedenkt man, dass osteochondrotische Veränderungen zunächst im Röntgenbild nicht darstellbar sind (unzureichende Darstellbarkeit des Knorpels), sondern sich erst später radiologisch manifestieren, so ist der Aufzuchtzeitraum nach dem Absetzen trotz verlangsamter Körperentwicklung nicht weniger sensibel als die Entwicklung im Mutterleib und die des Saugfohlens.

Die Skelettentwicklung – der Stoff, aus dem die Knochen sind

Die frühen embryonalen Knochenanlagen bestehen zunächst nur aus Knorpel. Die weitere Knochenentwicklung ist – vereinfacht dargestellt – ein ständiger Umbauprozess, der in Form von Einlagerung von Mineralien (hauptsächlich Calcium und Phosphor, aber auch Magnesium) in diesen Knorpel stattfindet. Umfang und Länge der Knorpelformation bestimmen den Wachstumsprozess, bei dem mit Mineralisierung des Knorpels die ursprüngliche Knorpelsubstanz mit zunehmender Bildung von Knochenbälkchen wieder aufgelöst wird. Jede Störung auf dem Weg dieses Umbaues von der ursprünglichen Knorpelgrundform in mineralisierten Knochen führt zu den gefürchteten Skeletterkrankungen beim Fohlen/Jungpferd wie z.B. Entzündung der Wachstumsfugen, Osteochondrosis dissecans (OCD) mit Chips, aber auch zu den mittlerweile vermehrt auftretenden Knochenzysten usw.

Die Ausgangsbasis der Skelettentwicklung ist zunächst Eiweiß bzw. Proteoglykane wie Aggrekan (Hauptanteil des Knorpels), was erklärt, dass eine unzureichende Versorgung mit Eiweiß (bzw. essentiellen Aminosäuren) oftmals Skelettschäden nach sich zieht. Für die Skelettentwicklung sind gleichzeitig auch Spurenelemente von größter Bedeutung. Kupfer etwa ist essenzieller Bestandteil der Lysyl-Oxidase und damit für die Kollagensynthese aus dem Nahrungseiweiß von entscheidender Bedeutung. Kollagen ist die Basis einer stabilen Knorpel- und Knochenmatrix. Kupfer hat eine schützende Wirkung auf den Gelenkknorpel, da es Entzündungsreaktionen und Proteoglykanabbau hemmt.

Unzureichende, oder auch nur verlangsamte Umwandlung von mineralisiertem Knorpel in tragfähigen Knochen (mit Knochenbälkchen, Trabekeln) führt zu Schwächung der Tragfähigkeit des Skelettes, Mikrofrakturen und Entzündung der Wachstumsfugen. Nur eine ausreichende Zufuhr von qualitativ hochwertigem Eiweiß, Mineralstoffen (insbesondere Calcium und Phosphor), wie auch für die Formation unerlässlicher Spurenelemente (Kupfer), sowie einige Vitamine (nicht nur Vitamin D, sondern auch das in Pflanzen vorkommende Vitamin K1) ermöglichen die ungestörte Entwicklung eines gesunden tragfähigen Bewegungsapparates. Nach Geburt und späterem Absetzen wird also die weitere Basis für die Zukunft eines möglichen Top-Athleten gelegt. Ohne eine den Bedürfnissen des wachsenden Organismus angepasste ausgewogene Fütterung, die weder Mängel noch umgekehrt extreme Überversorgungen aufweist, ist kein ungestörtes Wachstum möglich.

Hormonelle Konsequenzen & Genetik – der Zusammenhang von Kraftfutter und möglichen Skelettschäden

Untersuchungen zeigen, dass die Fütterung von mehr als 50% Krippenfutter an der Gesamtfutteraufnahme in Form von Getreide bzw. melassiertem Getreide oder sonstige Zuckergabe zu gehäuftem Auftreten von Skelettschäden führt. Besonders bei genetisch prädisponierten Linien! Damit ist eindeutig die Genetik als Faktor für die Ausbildung von Skelettschäden erwiesen, allerdings kann über die Fütterung auch in diesem Fall erfolgreich gegengesteuert werden.

Wichtig zu wissen ist Folgendes: Insulin und Thyroxin sind Gegenspieler im Organismus. Steigt der Insulinspiegel (nach erhöhter Aufnahme von Stärke oder Zucker) an, so fällt der Thyroxinspiegel im Blut ab. Thyroxin ist wichtig für die Chondrozytendifferenzierung (Knorpelumbau!) und die Blutgefäßeinsprossung bei der Knochenbildung. Insofern sollte nicht nur bei genetisch bedingten Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels, sondern allen Saugfohlen sicherheitshalber erst nach einem oder besser sogar zwei Monaten Krippenfutter gegeben werden. Dieses Futter sollte weiterhin 14 bis 18% Eiweiß von bester Eiweißqualität enthalten, sowie ausreichend Calcium, Phosphor und Kupfer.

Auch nach dem Absetzen sollten die Fohlen entsprechend ihres Wachstums eiweißreiches und zuckerarmes Futter in Mengen bis zu maximal 1% ihres Körpergewichtes pro Tag erhalten und dies verteilt auf mindestens drei Mahlzeiten, um eine erhöhte Insulinausschüttung (und Absenkung des Thyroxinspiegels), die schlussendlich die Ursache für die Skelettstörungen ist, erfolgreich zu vermeiden.

"Das Auge des Herrn füttert das Vieh"

Ein weiser Spruch, denn Ziel in der Aufzucht muss sein, ein möglichst gleichmäßiges Wachstum zu gewährleisten (hier ist der Zeitpunkt des Absetzens bei unzureichender Krippenfutteraufnahme des Saugfohlens eine sehr kritische Phase) und die Absetzfohlen weder verfetten zu lassen noch zu schlank zu halten. Leider kann eine zu hohe Energie- und Eiweißzufuhr auch zu einem beschleunigten Wachstum führen, bei dem unter Umständen z.B. die Sehnen nicht mehr mithalten können und es zu Sehnenstelzfüßen kommt. Fohlen, die mit weniger Energie aufgezogen werden, wachsen zwar langsamer, erreichen aber dennoch ihre genetisch vorgesehene Größe.

Zusammenfassung

Einer der wichtigsten Faktoren für das Auftreten von Skeletterkrankungen beim wachsenden Pferd ist die Ernährung. Übermäßige Aufnahme, insbesondere an stärkereichem (und auch zuckerreichem, z.B. melassiertem) Krippenfutter, ist zu vermeiden. Spezielles Aufzuchtfutter bzw. idealerweise ein Ergänzungsfuttermittel passend zum Getreide- und Eiweißangebot und jahreszeitlich (Weidegras) verfügbarem Raufutter, das den entsprechenden Ansprüchen des Wachstums auch in Bezug auf die Versorgung mit Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen gerecht wird, ist neben ad libitum angebotenem Raufutter (blattreiches Heu bzw. Gras) und ausreichend Bewegung die Basis einer gesunden Aufzucht. Das Verhältnis in der Gesamtration sollte in der Regel für Calcium und Phosphor 1,5:1 betragen, keinesfalls unter 1:1 absinken oder umgekehrt 2,8:1 nicht übersteigen. Das Verhältnis von Zink zu Kupfer sollte 3:1 bis 4:1 betragen.

Während des ersten Lebensjahres muss ein möglichst gleichmäßiges Wachstum angestrebt werden, Phasen von reduziertem Wachstum mit nachfolgend reaktiv übermäßiger Entwicklung sind ebenso zu vermeiden, wie zu gute Gewichtsentwicklung (Verfetten). Die Rippen eines Aufzuchtpferdes sollten stets leicht tastbar, aber auch nicht sichtbar hervorstehend sein, allenfalls beim Betrachten von hinten unter einer gleichmäßigen Fettabdeckung leicht durchschimmern. Eine intensive Stärke- und Zuckerzufuhr sollte vermieden werden. Auf Eiweißgehalt und Eiweißqualität des Zucht- oder Aufzuchtfutters, bzw. des Ergänzungsfuttermittels, ist insbesondere im Winterhalbjahr, ohne Möglichkeit der Grasaufnahme, ganz besonders zu achten. Dabei sollte eine ganztägige Bewegung ermöglicht werden.

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